Die drei jungen Klassenassistentinnen Candice Lv, Xinyi Chen und Danni Bai aus China haben im Rahmen eines zweiwöchigen Job-Shadowing-Aufenthalts die Schweiz besucht – mit einer intensiven Woche an einer Primarschule in Zürich und einer zweiten Woche, um Kultur, Menschen und Natur kennenzulernen.
Organisiert wurde der Aufenthalt von der Schweizerschule in Beijing in Zusammenarbeit mit der Primarschule Nordstrasse in Zürich und educationsuisse, ermöglicht und finanziert wurde der Besuch von der Stiftung Movetia.
In Beijing wird ebenfalls das Konzept des altersdurchmischten Lernens (AdL) angewendet. Ziel der Reise: das Schweizer Modell hautnah erleben – als wertvolle Grundlage für die pädagogische Arbeit der drei Klassenassistentinnen in China.
Lernen im Dialog: Schule mit Vertrauen

Während der ersten Woche begleiteten die drei Klassenassistentinnen den Schulalltag von der ersten Kindergartenstufe bis zur 6. Klasse. Die Besucherinnen erhielten so einen umfassenden Einblick in alle Altersgruppen und Entwicklungsstufen, wie sie im Schweizer Primarschulmodell zusammengeführt werden.
Besonders auffällig war das hohe Mass an Selbstverantwortung, das den Kindern zugetraut wird: «Hier dürfen Kinder selbst entscheiden, wie sie ihre Aufgaben angehen – das ist sehr inspirierend», erzählt eine der Assistentinnen. Auch der offene, zugewandte Umgang zwischen Lehrpersonen und Schüler:innen sowie die gegenseitige Unterstützung unter den Kindern beeindruckten zutiefst.
Ein zentrales Element war die direkte Beobachtung des AdL-Alltags: «Ein Kind erklärte einem anderen die Lösung einer Matheaufgabe – ohne Hilfe durch die Lehrperson. So entsteht echtes Verständnis», berichtet eine Klassenassistentin.
Selbst aktiv im Klassenzimmer
Die drei Klassenassistentinnen nahmen nicht nur beobachtend am Unterricht teil, sondern konnten auch eigene Unterrichtssequenzen in der Regelklasse übernehmen.
Ausserdem besuchten sie die Logopädie, wo gezielt an Sprache und Kommunikation gearbeitet wurde, sowie Deutsch als Zweitsprache (DaZ), wo mehrsprachige Kinder individuell gefördert werden. Diese Einblicke zeigten deutlich, wie breit abgestützt und differenziert das Schweizer Schulsystem aufgestellt ist.
Fasziniert von Raum und Infrastruktur
Neben den pädagogischen Aspekten waren die Klassenassistentinnen besonders begeistert von der Infrastruktur der Schule. Hervorgehoben wurden vor allem die:
- Grosszügigen, kreativ gestalteten Klassenzimmer, die eine inspirierende Lernumgebung bieten.
- Räumlichkeiten für Textiles und Technisches Gestalten (TTG), die den Kindern handwerkliches und gestalterisches Arbeiten auf hohem Niveau ermöglichen.


Eine Bereicherung für alle Beteiligten
Der Austausch stärkte nicht nur das Wissen und die pädagogischen Fähigkeiten der Klassenassistentinnen, sondern auch das gesamte Team der Schweizerschule in Beijing.
Da sie nun aus erster Hand erfahren haben, wie das Schweizer Bildungssystem funktioniert, können sie ihre Rolle im Klassenzimmer in China noch selbstbewusster und reflektierter ausfüllen – insbesondere im Bereich des altersdurchmischten Lernens.
«Wenn Assistentinnen wissen, wie eine Schweizer Schule von innen funktioniert, ist das ein riesiger Gewinn für unseren Unterricht», sagt eine Schweizer Lehrperson aus Beijing.

Auch die Zürcher Schule profitierte: Für die Schüler:innen war der Einblick in die chinesische Kultur, vor allem der Unterricht in Kalligrafie mit chinesischen Schriftzeichen, sehr bereichernd.
Dem Zürcher Team bot der interkulturelle Austausch neue Perspektiven auf die eigene Arbeit und förderte ein wertschätzendes Miteinander – ein Austausch auf Augenhöhe.
Schweiz erleben – mit allen Sinnen
In der zweiten Woche stand die kulturelle Entdeckung der Schweiz im Mittelpunkt. Candice Lv, Xinyi Chen und Danni Bai tauchten in Natur, Kultur und Gesellschaft ein – mit vielen unvergesslichen Momenten wie einem Ausflug aufs Jungfraujoch, dem Besuch eines Bauernhofs oder dem Stöbern im Kinderbuchladen.
Ein besonderer Höhepunkt war das persönliche Treffen mit Ernst Preisig, einem der Gründungsmitglieder der Schweizerschule in Beijing – ein Moment voller symbolischer Bedeutung und Verbundenheit.


Fazit: Austausch, der verbindet
Die zwei Wochen in der Schweiz haben bei den Teilnehmerinnen tiefe Eindrücke hinterlassen – fachlich und persönlich. «Wir haben ein Schulsystem erlebt, das Vertrauen schenkt und Kinder ernst nimmt. Das nehmen wir mit», sagt eine der drei Klassenassistentinnen zum Abschied.
Der Austausch ist ein gelungenes Beispiel dafür, wie internationale Zusammenarbeit Bildung bereichern kann – für Lehrpersonen, Kinder und ganze Schulgemeinschaften.
Autorin: Linda Ninio, Schulleiterin Schweizerschule in Beijing