In Unterägeri am idyllischen Ägerisee im Kanton Zug trafen sich vom 8. bis 10. Juli die Schulleiter:innen sowie die Präsident:innen der Schweizerschulen im Ausland zur Jahreskonferenz: drei Tage des Austauschs, Netzwerken und der Weiterbildung. Organisiert wird die alljährliche Konferenz von educationsuisse, dem Dachverband der 17 vom Bund anerkannten Schweizerschulen.
Der letzte Tag der Konferenz, an dem Vertreter:innen der Patronatskantone sowie Akteure aus der Bildungslandschaft Schweiz und weitere Gäste teilnehmen, öffnete auch dieses Jahr ein Fenster zur weiteren Schweizer Öffentlichkeit.
Im Vordergrund standen dabei der Austausch mit interessennahen Organisationen und die zwei Hauptthemen der Konferenz: «Professionelle Leadership» und «Marketing und Personalwesen der Schulen».
Positive Leadership: Schweizerschulen im Gespräch
Hans Ambühl, bis Juli 2024 Präsident von educationsuisse, betonte bei der Eröffnung dieses offiziellen Teils, dass die Ausstrahlung der Schweizer Bildungspräsenz im Ausland für die Schweiz eine grosse Bedeutung habe: «Wir alle sollten uns bewusst sein, welches hohe Ansehen die Schweizer Bildung mit ihrer Präsenz im Ausland geniesst.»
Weiter führte er aus, dass vor Ort in den Gastländern der Schulen Netzwerke mit Einheimischen, Auslandschweizer:innen und Expats aller Nationen entstehen. Die über 8’000 Schüler:innen, davon rund 1’360 Schweizer Kinder, entwickeln während ihrer Schulzeit über Jahre ein Verhältnis zur Schweiz, welches lebenslang Wirkung zeigt.
Manche würden später in der Schweiz studieren oder als Fachkräfte hier arbeiten. Für Ambühl sind die Schweizerschulen im Ausland die beste Schweizer Präsenz in der Welt und es müsste mehr davon geben.
Kanton Zug und Singapur im Fokus
Der Zuger Regierungsrat Stephan Schleiss erklärte in seinem Grusswort, dass die Schweizerschule in Singapur eine Erfolgsstory darstelle und der Kanton Zug stolz sei, die Schule als Patronatskanton unterstützen zu dürfen. Sei dies
- bei der Rekrutierung von Lehrpersonen,
- bei Bauprojekten,
- mit pädagogischem Support,
- durch die Finanzierung von Lehrmitteln
- und durch regelmässige externe Evaluationen, um der Schule einen Aussenblick auf ihre Unterrichts- und Schulqualität zu geben.
Jedes Jahr würden jeweils Schüler:innen aus Zug nach Singapur reisen und dort am Schulunterricht teilnehmen.
Abschliessend führte Schleiss aus: Zur strategischen Sicherheit des Kleinstaates gehöre auch seine Vernetzung in der Welt, denn ein Kleinstaat brauche immer Fürsprecher. Unsere Schweizerschulen im Ausland leisten einen sehr wichtigen Beitrag dazu.
Porträt der Schweizerschule Singapur
Rahel Eckert, Schulleiterin in Singapur, berichtete, dass die Schule 1967 vom Lehrerehepaar Marie-Therese und Werner Kaufmann-Sialm mit rund 20 Kindern eröffnet wurde. Die Schule, welche auf dem Gelände des Schweizer Klubs in einer grünen Oase liegt, zählt heute rund 250 Schüler:innen, davon 43 % mit Schweizer Nationalität, aus 19 Nationen.
Unterrichtet wird von der Vorschule bis und mit der 6. Primarschule, während für die Sekundarstufe eine solide Zusammenarbeit mit dem UWCSEA Dover Institut besteht, welche das International Baccalaureate (IB) anbietet.
Seit 2019 ist die Schule die zweite offizielle Schweizerschule, welche auch einen französischsprachigen Stream umfasst, der in den oberen Klassen noch im Ausbau ist. Aus diesem Grund hat die Schule nun auch zwei Patronatskantone: Zug und Wallis.
Beste Bildung aus zwei Welten
Weiter führte Eckert aus, dass Singapur ein hoch kompetitives Umfeld sei, sowohl wirtschaftlich als auch auf dem Schul- und Bildungsmarkt mit zahlreichen lokalen und internationalen Schulen.
Die Vision der Schule sieht die beste Bildung aus beiden Welten vor: eine solide deutsch-schweizerische/französisch-schweizerische Bildung, die es jedem Kind ermöglicht, seine Bildung jederzeit in der Schweiz oder einem anderen deutschsprachigen/französischsprachigen Land nahtlos weiterzuführen.
Rückblick Marketing und Personalwesen
Hans Lichtsteiner von verbandsberatung.ch ag hielt während des offiziellen Teils einen prägnanten Rückblick auf die vorangehenden Konferenztage. Für die Schulverantwortlichen stand im Zentrum: sich informieren, austauschen, voneinander lernen und profitieren.
So nahmen sie aktiv an verschiedenen Workshops teil, an denen Schulleiter:innen ihre Best Practices zu folgenden Themen vorstellten:
- Marketingplanung, Christina Urech, Schweizerschule in Madrid
- Sponsoring, Christian Vogel, Schweizerschule in Bangkok
- Konfliktmanagement, Walter Stooss, Schweizerschule in Santiago
- Personal-Onboarding und Personalentwicklung: Reto Schafflützel, Schweizerschule in Curitiba
Lichtsteiner führte weiter aus, dass sich die Schulen im internationalen Bildungswettbewerb nicht alle in der gleichen Lage befinden würden; sei dies doch auch Standort (Kontinent) abhängig. So würden auch teilweise unterschiedliche Herausforderungen auf die Schulen zukommen.
Dennoch resultierte aus den Workshops und dem Erfahrungsaustausch zwischen Schulleitungen und Schulvorständen für Lichtsteiner folgendes Fazit:
- Viele Schulen sind gut aufgestellt.
- Der Wettbewerb im Bildungsmarkt verschärft sich weiter.
- Die Schulen benötigen den pädagogischen wie finanziellen Support aus der Schweiz, um sich den schnellen Entwicklungen anpassen und im Markt bestehen zu können.
- Schulvorstände in ihrer heutigen ehrenamtlichen Form und Besetzung stossen an Grenzen. Eine weitere Professionalisierung des Managements der Schulen ist unabdingbar.
- Bestimmte regulatorische wie finanzielle Rahmenbedingungen sind zu überdenken, will man die Wettbewerbsfähigkeit der Schulen langfristig erhalten.
Keynote: Beyond Leadership
Matthias Mölleney, Mitinhaber von peopleXpert gmbh, begeisterte das Publikum mit einem pointierten und animierenden Vortrag. Dabei setzte er den Fokus auf Führung in schwierigen Zeiten: «Leben wir doch in einer spannenden Welt, die viele Änderungen mit sich bringt und somit vielleicht auch Verunsicherung».
Gemäss seiner These ist heute die Führung eines Unternehmens durch eine einzelne Person nicht mehr möglich und kann nicht mehr funktionieren. In Zukunft werden Hierarchien an Bedeutung verlieren und im Netzwerk auf Augenhöhen zusammenarbeiten wird wichtiger. Für Mölleney ist Führung eine Dienstleistung und kein Privileg.
Psychologische Sicherheit
Er zeigte auf, wie Führungskräfte der Verunsicherung der Mitarbeitenden entgegenwirken können. Die Schaffung eines Arbeitsklimas mit psychologischer Sicherheit ist dabei grundlegend.
Vertrauen, auch Menschen gegenüber, die man nicht mag, sieht er als sehr wichtiges Kernelement von psychologischer Sicherheit. Mit diesen Aussagen leitete Mölleney eine praktische Übung ein und forderte die Anwesenden zu einem gegenseitigen Kennenlernen in Zweiergruppen durch wirkliches Zuhören auf.
Mölleney schloss seine Keynote mit folgenden Worten ab: «Wir dürfen die Begeisterung für unsere Arbeit nicht verlieren: Denn so wie wir intern miteinander umgehen, so erleben uns der Kunde und die Kundin bzw. die Schüler und Schülerinnen.»
Interessensnahe Organisationen
Die interessensnahen Organisationen ASO/SwissCommunity, Movetia, ProEdu und SWI swissinfo präsentierten sich am offiziellen Tag mit Marktständen. Jörg Wiedenbach, Direktor der drei Schweizerschulen in Mexiko, wollte von den Ausstellern wissen, wie die Schweizerschulen im Ausland von ihren Angeboten profitieren könnten.
«Wir unterstützen einerseits den Austausch zwischen Lehrpersonen und Schulleitenden von den Schweizerschulen im Ausland und den Schulen in der Schweiz. In Form von Job-Shadowings oder Hospitationen erhalten die Fachkräfte dadurch Einblick in das Schulsystem in der Schweiz sowie in die Umsetzung von pädagogischen Massnahmen. Andererseits unterstützen wir Schüleraustausche – einzeln oder als Klasse – zwischen der Schweiz und dem Ausland sowie Sprachassistenzprogramme.»
Nadine Habegger, Movetia
Weiterbildung für Schulvorstände und Schulleitungspersonen
Der interne Weiterbildungstag für die Schulleiter:innen und Schulpräsident:innen stand im Zeichen des Krisenmanagements. Vivian Frei, Gewaltprävention Bildungsdirektion Kanton Zürich, und Otto Bandli, Dozent Management und Leadership PHZH, hielten die einleitenden Referate zu den Grundprinzipien des Krisenmanagements, der Vorbereitung und Prävention.
Die beiden externen Experten koordinierten und leiteten auch die darauffolgenden Workshops zu den Themen Mobbing, Radikalisierung/Extremismus, sexuelle Gewalt und Suizid.
Nachfolgend einige Statements der Teilnehmenden, eingefangen gleich nach den Workshops, in denen die Themen vertieft und diskutiert wurden:
«In Mexiko ist das Thema der Radikalisierung/Extremismus (noch) nicht so sichtbar, obwohl Antisemitismus nun doch ans Tageslicht tritt. Fazit des Workshops für mich: genau zuhören und Kanäle erarbeiten, um eine mögliche Radikalisierung von Schüler:innen frühzeitig zu erkennen. Wichtig ist auch, dass nicht verharmlost wird.»
Bettina Huber, Co-Schulleiterin Mexiko-Stadt
Christian Vogel, Schulleiter Bangkok: «Mobbingprävention erachten wir als sehr wichtig. Daher planen wir, dazu eine Weiterbildungsreihe durchzuführen.»
Loretta Brodbeck, Präsidentin Catania: «Da unsere Schule eher klein und übersichtlich ist, gelang es uns in der Vergangenheit frühzeitig Schikanierungen zu erkennen und aufzulösen. Erkennen wir auffällige Muster, reagieren wir sofort. Denn wie auch Otto Bandli ausgeführt hat, geht das Gemeinwohl der Klasse über das individuelle Wohl.»
«Eigentlich dachte ich, über Krisenmanagement wissen wir alles. Doch es ist so wichtig, das Wissen stetig zu erweitern und zu aktualisieren. Denn es gibt immer neue Elemente und neue Erkenntnisse, die uns weiterbringen und zum Denken anregen und wir in unser Krisenkonzept und Trainings an der Schule einfliessen lassen können. Gerade etwa zum Thema Extremismus.»
Daniel Zehnder, Schulleiter Lima
Marco Danuser, Schulpräsident Lima: « Mobbing ist ein Thema, das an Schulen trotz guter Schulkultur vorkommen kann. Unsere Lehrpersonen sind aber gut vorbereitet.»
Pascal Affolter, Schulleiter Barcelona: «Compliance, Regelkonformität muss an allen Schulen ein zentrales Thema sein. Wichtig ist auch das Thema Nähe/Distanz. Es muss an jeder Schule thematisiert werden, die No-Gos müssen klar sein. Ein Verhaltenskodex bietet Schutz für Schüler:innen, Lehrpersonen und die Institution.»
Krisenmanagement und Kommunikation
Weiteren wertvollen Input zum Thema Krisenmanagement und externe Kommunikation erhielten die Schulleiter:innen und Schulpräsident:innen Referaten von Laura Nägeli, Lead Business Development e-mergency, und Johann-Christoph Rudin, Mitinhaber Kompassus.
Nägeli stellte kurz die Notfallapp e-mergency vor, welche in vielen Schulen in der Schweiz genutzt wird. Die Swiss Made Software ist international erhältlich und kann länderspezifisch angepasst werden.
Rudin erläuterte, dass es für eine gute Kommunikation bestimmte strukturelle Voraussetzungen wie einen festen Krisenstab benötige, damit gut kommuniziert werden könne. Er illustrierte anhand von anonymisierten Fallbeispielen, welche Botschaften, Inhalte und wie professionell kommuniziert werden soll.
Die Ziele der Kommunikation in Krisenzeiten (in wenigen gut vorbereiteten Kernsätzen, nach dem Prinzip immer intern vor extern) fasste er in folgenden Stichworten zusammen: Informieren, Beruhigen, Verunsicherung vermeiden, Gerüchten zuvorkommen, Schaden begrenzen, Personen schützen und Vertrauen schaffen.
BAK im Austausch mit Schulverantwortlichen
Innerhalb der Bundesverwaltung betreut das Bundesamt für Kultur (BAK) das Dossier Schweizerschulen im Ausland. Der direkte Austausch mit den Mitarbeitenden des BAK im Rahmen der alljährlichen Konferenz wird von den Schulverantwortlichen sehr geschätzt.
David Vitali, Leiter Sektion Kultur und Gesellschaft BAK, berichtete zur Kulturbotschaft 2025-2028 in Bezug auf die Schweizerschulen im Ausland, dass der Bund sein Engagement für die Schweizerschulen im Ausland fortsetzen will. So werden zwei Themen in der Kulturbotschaft besonders erwähnt:
- Die Good Governance, hervorgehend aus der vor einigen Jahren erarbeiteten Charta der Schweizerschulen im Ausland, soll verbessert werden
- und die Frage der Anstellung der Schweizer Lehrpersonen soll zielführend angegangen werden.
Fiona Häusler, Verantwortliche für Landessprachen und Bildungsfragen, Minderheiten und den Schweizerschulen im Ausland, erläuterte die vorgesehene Revision der Beitragsverordnung, welche anfangs September 2024 in Kraft treten wird. So sollen unter anderen mit der Anpassung bei der Berechnung der Pauschalbeiträge neu die standortspezifischen strukturellen Herausforderungen berücksichtigt werden.
Neuer Präsident und neue Vorstandsmitglieder
An der diesjährigen Generalversammlung wurde Heinz Rhyn zum neuen Präsidenten educationsuisse gewählt. Der abtretende Präsident Hans Ambühl wurde am offiziellen Tag der Konferenz der Schweizerschulen im Ausland gebührend verabschiedet.
Neu in den Vorstand wurden gewählt: Bettina Diem als Vertreterin der Patronatskantone; Matthias Michel, Ständerat Kt. ZG; Simona Brizzi, Nationalrätin Kt. AG, und Sibylle Nathalie Gisi, ehem. Präsidentin der Schweizerschule Singapur.
Save the date: Die nächste Jahreskonferenz der Schweizerschulen im Ausland findet vom 7. bis 9. Juli 2025 im Kanton Glarus, Patronatskanton der Schweizerschule in Bergamo, statt!
Fotos: ©Adrian Moser, educationsuisse