Als Musikerin strebt Mimi Ambiel neue Perspektiven an und entdeckte an der Zürcher Hochschule der Künste spannende Möglichkeiten für ihre künstlerische Weiterentwicklung. Hier erzählt die Auslandschweizerin, die mit Schweizer Traditionen aufwuchs, wieso der Umzug von Brasilien in die Schweiz dennoch mit Herausforderungen verbunden war.
«Ich hatte nicht geplant, in die Schweiz zu ziehen. Nicht, weil ich kein Interesse hatte, sondern weil ich dachte, ich würde dieses Land und seine Kultur bereits gut kennen. Seit meiner Geburt bin ich Teil der Colônia Helvetia in Indaiatuba, São Paulo. Dies ist ein Viertel, welches 1888 von Schweizer Einwanderern gegründet wurde und wo die Traditionen der Zentralschweiz gepflegt und bewahrt werden.
Ohne Pläne in die Schweiz
So habe ich bis zu meinem 19. Lebensjahr Schweizer Volkstänze getanzt, in einer Schweizer Volksmusikgruppe namens «Schnapsmuisig» Geige gespielt und den Proben des Jodlerchors zugehört, in welchem mein Vater gesungen hat. Die Schweizer Kultur war mir also nicht fremd. Aber wie ich später merkte, kann die Schweiz auch anders sein!
Im Jahr 2019 habe ich meinen Bachelor in Musik – Violine Performance – in Brasilien abgeschlossen. Dann kam 2020 die COVID-Pandemie. Nach einem Jahr zu Hause, schlug mein Vater vor, dass ich ins Ausland gehe, um als Künstlerin bessere Bedingungen und Zukunftsaussichten zu finden.
Im Juli 2021 kam ich in die Schweiz – ohne konkrete Pläne! Da ich in Brasilien in der Schule und während dem Studium bereits Deutsch gelernt hatte, konnte ich es gut verstehen. Aber Schweizerdeutsch… das braucht seine Zeit. Und nicht nur die Sprache war eine Herausforderung.

Wenn man an Brasilien und die Schweiz denkt, ist es schwer, Gemeinsamkeiten zu finden. Die Unterschiede fallen jedoch sofort auf. Als Begrüssung eine Umarmung oder ein Händedruck? Spricht man sich mit du oder Sie an? Eine spontane Einladung in letzter Minute oder lieber alles durchplanen und im Kalender eintragen?
Herausforderungen im Studium
Am Anfang lebte ich einige Monate bei einer Cousine meines Vaters, zog dann in eine WG in Zürich und begann, in der Gastronomie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) zu arbeiten. Parallel dazu bereitete ich mich auf die Aufnahmeprüfung für ein Masterstudium an der ZHdK vor – nicht in Violine, sondern in «Musik und Bewegung – Rhythmik».
Ich hatte nie davon gehört, wusste aber, dass ich meine Fähigkeiten über die Geige hinaus erweitern wollte. Ich bestand die Prüfung und begann im September 2022 mein Studium. Die Sprache und die Unterrichtsdynamik waren herausfordernd, aber die Infrastruktur der Hochschule und die Unterstützung der Dozierenden waren entscheidend für meine künstlerische Entwicklung.
Die Räume sind mit vielen Instrumenten ausgestattet, es gibt Dutzende von Übungsräumen mit Klavieren, sowie verschiedene Cafeterien. Im Masterstudium haben wir viel Freiheit, unseren eigenen Weg zu gestalten – das hat Vor- und Nachteile. Dank der individuellen Betreuung meiner Studienleiterin fühlte ich mich gut begleitet.
Körperbewusstsein für Musiker:innen
Zwei Semester lang konnte ich an der ZHdK im «Peer-to-Peer»-Format unterrichten, was so viel bedeutet wie Unterricht von Studierenden für Studierende. Dafür habe ich meinen eigenen Kurs «Körpersprache als Teil der musikalischen Performance» entwickelt, welcher zum Ziel hat, Musiker:innen ein besseres Körperbewusstsein zu vermitteln.

Dies hilft den Künstler:innen, mit mehr Selbstvertrauen auf der Bühne zu spielen und ihr «künstlerisches Ich» durch praktische Übungen aus der Rhythmik weiterzuentwickeln. Mein letztes Semester, vor meinem Masterabschluss in der Schweiz, werde ich an der Universität der Künste in Berlin verbringen, worauf ich mich sehr freue!
Ohne das Stipendium meines Heimatkantons Obwalden und die Unterstützung von educationsuisse beim Antrag dieses Stipendiums, wäre all das nicht möglich gewesen. Diese finanzielle Unterstützung hat es mir ermöglicht, mich auf mein Studium zu konzentrieren, wofür ich sehr dankbar bin.»