Im Gespräch mit Heinz Rhyn, Präsident educationsuisse

Heinz Rhyn, Präsident educationsuisse

Prof. Dr. Heinz Rhyn war während neun Jahren Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich und kennt sich bestens im Schweizer Bildungssystem und Schulbetrieb aus. Seit einem Jahr ist er Präsident von educationsuisse, dem Dachverband der vom Bund anerkannten Schweizerschulen im Ausland und Fachstelle für Absolvent:innen dieser Schulen und jungen Auslandschweizer:innen weltweit, die für eine Ausbildung in die Schweiz kommen möchten. Zum Jubiläum lud educationsuisse ihren Präsidenten zum Gespräch.

Welche Bilanz ziehen Sie nach diesem ersten Jahr?
Die Einarbeitung in mein Amt als Präsident wurde mir durch die tatkräftige Unterstützung vom Geschäftsführer und seinen Mitarbeiterinnen erheblich erleichtert. Dabei habe ich auch erfahren, wie kompetent und engagiert in der Geschäftsstelle gearbeitet wird.

Auch die Zusammenarbeit mit dem teilweise neu zusammengesetzten Vorstand erlebe ich als äusserst positiv und produktiv. Ein starker und engagierter Vorstand ist eine wichtige Grundlage, um mit Freude und Engagement zusammenzuarbeiten und verschiedenste Herausforderungen zu bewältigen.

Im zweiten Halbjahr stand die Vorbereitung unserer Jahreskonferenz 2025 im Vordergrund und ich konnte die Schweizerschule in Bergamo besuchen, deren Patronatskanton Glarus der diesjährige Gastkanton war. Mein erstes Amtsjahr war jedoch auch durch die drohenden Kürzungen der Bundessubventionen geprägt.

Welches sind somit die aktuellen Herausforderungen?
Im Entlastungspaket 2027 des Bundes werden substanzielle Budgetkürzungen für die Schweizerschulen vorgeschlagen, welche die Existenz einzelner Schulen bedrohen. Dagegen stemmen sich der Vorstand, ein Ad-hoc-Ausschuss, die Geschäftsstelle, die Schulen und ich persönlich.

Auch steigt die Konkurrenz im Privatschulwesen generell und bei einzelnen Standorten markant. Die Schweizerschulen sind gefordert, einen Weg zu finden, um unter diesem Konkurrenzdruck die Qualität der schulischen Bildung und Swissness zu bewahren bzw. weiterzuentwickeln und zugleich für Familien finanziell attraktiv zu bleiben.

Eine weitere Herausforderung besteht darin, Lehrer:innen, aber auch Schulleiter:innen engagieren zu können, die über eine schweizerisch anerkannte Unterrichtsberechtigung verfügen und die sich für einige Jahre verpflichten lassen. In unserer schnelllebigen Gesellschaft sind längerfristige Engagements seltener geworden.

educationsuisse als Dachverband unterstützt die Schulen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen. Zusätzlich engagiert sich der Dachverband in Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit für die Interessen der Schulen. Aktuell bedeutet dies die Abwendung der Sparpläne des Bundes, die Verbesserung und Sicherung der Anstellungsbedingungen von Lehrpersonen und Schulleiter:innen sowie die Unterstützung zur Gewinnung neuer Schweizer Schüler:innen.

Heinz Rhyn, Präsident educationsuisse
Prof. Dr. Heinz Rhyn, früherer Rektor der Pädagogischen Hochschule Zürich, ist seit einem Jahr Präsident von educationsuisse.

Wie schätzen Sie die Zukunft der Schweizerschulen im Ausland ein?
Die Zukunft der Schweizerschulen im Ausland wird einerseits wesentlich von der Bewältigung der genannten Herausforderungen geprägt und andererseits vom politischen Willen – vom Bekenntnis der Schweiz, einschliesslich der Kantone, zu den Schulen – beeinflusst. Wir hoffen auf eine offene und positive politische Debatte, welche die grosse Bedeutung der Schweizerschulen im Ausland anerkennt.

Aufseiten der Schulen bin ich überzeugt, dass sie alles an ökonomischer Klugheit, öffentlicher Präsenz, effizientem Management und pädagogischem Engagement aufbringen werden, damit die Schweizerschulen eine Zukunft haben. Die Schulen verfügen über lange, teilweise sehr lange Traditionen und sie haben bereits etliche Herausforderungen und Krisen überwunden. Diese Widerstandskraft wird ihre Zukunft sichern.

Wenn es uns als Dachverband gelingt, auch die Politik und Öffentlichkeit von der Bedeutung dieser Schulen für die Präsenz der Schweiz im Ausland, für die kulturelle, wirtschaftliche und bildungsstrategische Entwicklung der Schweiz zu überzeugen, dann steht einer blühenden Zukunft kaum etwas im Wege.

Welches sind die Vorteile für Schüler:innen einer Schweizerschule im Ausland im Vergleich zu anderen Schulen?
Wer eine Schweizerschule im Ausland besucht, profitiert nicht nur von der Qualität der Schule und des Unterrichts nach Lehrplan und Anforderungen der Schweiz, sondern erlernt zugleich eine weitere Sprache (Deutsch, Französisch, Englisch), die Sprache des Gastlandes und lernt verschiedene Kulturen kennen.

Schweizer Werte und Horizonterweiterung, Innovation und Vernetzung, Brückenbauen und Gemeinschaft stärken, das lernen die Schüler:innen in den Schweizerschulen zusätzlich zum schulischen Kompetenzerwerb, zur schulischen Qualifikation. Die Abschlüsse der Schweizerschulen sind auf allen Ebenen anerkannt. Wer also mit Maturität abschliesst, kann auch an den Hochschulen der Schweiz das Studium aufnehmen.

Sie sprechen von einem Studium in der Schweiz: Wie unterstützt educationsuisse Absolvent:innen der Schweizerschulen im Ausland und allgemein Auslandschweizer:innen, die ihre post-obligatorische Ausbildung in der Schweiz machen möchten?
educationsuisse bietet eine ganze Reihe von Dienstleistungen für diese Jugendlichen an: Unsere Mitarbeiterinnen beraten diese kompetent und ausführlich via E-Mail, am Telefon, in Videoberatungen oder auch vor Ort auf der Geschäftsstelle. Dies alles unentgeltlich.

Das Ausbildungsangebot der Schweiz ist sehr vielseitig – von der Berufslehre bis zum Hochschulstudium – und es ist nicht immer einfach, sich einen Überblick, gerade aus dem Ausland, zu verschaffen und die richtigen Informationen zu finden. Eine persönliche Beratung bei uns kann somit zentral sein.

Auch helfen wir jungen Auslandschweizer:innen bei Stipendiengesuchen in ihren Heimatkantonen und educationsuisse kann auch selbst aus verschiedenen Fonds kleine Ausbildungsbeiträge vergeben.

educationsuisse begleitet somit zahlreiche Auslandschweizer:innen bzw. Absolvent:innen während ihrer Ausbildung in der Schweiz: Welchen Stellenwert geben Sie diesem internationalen Austausch?
Der internationale Austausch und die Migration von Auslandschweizer:innen sowie Absolvent:innen in die Schweiz fördern interkulturelles Verständnis, bringen diverse Perspektiven in Ausbildung und Gesellschaft ein und stärken das globale Netzwerk der Schweiz.

Das Modell der schweizerischen Berufsbildung wird weltweit bewundert. Die Hochschulen geniessen ein ausgezeichnetes Renommee und ziehen viele internationale Studierende an. Viele junge Auslandschweizer:innen bleiben nach der Ausbildung in der Schweiz und arbeiten hier. Oder sie profilieren sich auf dem internationalen Arbeitsmarkt.

Was motiviert Sie, das Amt als Präsident von educationsuisse auszuführen?
Nebst den anstehenden Herausforderungen, die mich motivieren, liegt mir der Bildungsbereich ganz grundsätzlich am Herzen. Unsere Schweizerschulen im Ausland sowie auch unsere Ausbildungsberatungsfunktion prägen Biografien, öffnen Wege und Welten und eröffnen Lebens- und Karrierewege. Diese kulturverbindenden Bildungserfolge rechtfertigen und motivieren jedes Engagement.

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«Die signifikante Reduktion der Bundesbeiträge gefährdet die Existenz von Schweizerschulen im Ausland akut. Diese haben einen ausgezeichneten Ruf und sind weit mehr als reine Bildungsinstitutionen: Die Schweizerschulen im Ausland stärken seit vielen Jahrzehnten gezielt das diplomatische und wirtschaftliche Netzwerk der Schweiz. An ihren Standorten sind die Schweizerschulen bedeutende Repräsentanten schweizerischer Handels- und Kulturverbindungen und haben dadurch auch eine volkswirtschaftliche Bedeutung. Die vorgeschlagene Streichung der Bundesbeiträge trifft die Schweizerschulen im Ausland hart und überproportional. Bereits mit der Kulturbotschaft 2024–2028 wurde der Zahlungsrahmen der Schweizerschulen gekürzt.»

Prof. Dr. Heinz Rhyn, Präsident educationsuisse