Auslandschweizerin Sara Alouini machte ihre Lehre als Elektronikerin in der Schweiz

Auslandschweizerin Sara Alouini lernte Elektronikerin in der Schweiz

Die Auslandschweizerin Sara Alouini ist in Tunesien aufgewachsen und hat sich nach Abschluss ihres tunesischen Baccalauréats für eine Lehre als Elektronikerin in der Schweiz entschieden. Hier erzählt sie, wieso eine Lehre die goldrichtige Entscheidung war und wie die Reise für sie weitergeht.

«Das Leben ist nicht immer einfach. Manchmal müssen wir unser Wohlbefinden opfern, um voranzukommen», sagte mein Vater zu mir, kurz bevor ich Djerba, die als «Trauminsel» bekannte Perle im Mittelmeer, verliess und in die Schweiz zog.

Als Halb-Tunesierin, Halb-Schweizerin sprachen mein Bruder und ich mit meiner Mutter Schweizerdeutsch und mit meinem Vater Tunesisch (arabischer Dialekt). Wenn alle zu Hause waren, redeten wir Hochdeutsch.

Auslandschweizerin Sara Alouini lernte Elektronikerin in der Schweiz
Die Auslandschweizerin und diplomierte Elektronikerin Sara Alouini am Bielersee.

Die Schweiz war mir nicht fremd – zumindest als Ferienziel. Jährlich besuchte ich ein- bis zweimal meine Verwandten mütterlicherseits. Doch dort zu leben? Das war eine ganz andere Geschichte. Die Entscheidung fiel mir schwer.

Lehre als Elektronikerin

In Tunesien hatte ich ein Leben aufgebaut, das mir gefiel: wertvolle Freundschaften, Hobbys wie Karate, Reiten und Tauchen – und ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit für das, was ich hatte. Doch wie die Sonne am Horizont untergeht, um einem neuen Tag Platz zu machen, so spürte ich, dass es Zeit war für einen Neuanfang.

Nach meinem tunesischen Baccalauréat mit Schwerpunkt Mathematik stellte sich die grosse Frage: Wie geht es weiter? Ich hatte bereits von dem dualen Berufsbildungssystem in der Schweiz gehört und wusste, dass ich sowohl Theorie als auch Praxis schätzte. Nach gründlicher Recherche entschied ich mich für eine Lehre als Elektronikerin – ein Weg, der mir erlaubte, meine Leidenschaft für Mathematik und Physik direkt anzuwenden.

Dann kam der 14. Juli 2018, der Tag, an dem mein Flugzeug abhob und mein bisheriges Leben auf der Insel zurückblieb.

Wolkenbruch und Sonnenschein

Mein Inneres fühlte sich an wie ein stürmisches Meer. Wellen der Trauer rollten an, weil ich meine Familie zurücklassen musste, und Strömungen der Unsicherheit zogen mich mit sich, denn ich kannte kaum jemanden in der Schweiz. Doch zwischen all den dunklen Wolken blitzten auch Sonnenstrahlen hervor – Momente der Aufregung über die neuen Chancen, die sich mir boten.

Schnell merkte ich, dass viele meiner Sorgen unbegründet waren. Natürlich war es eine Herausforderung, mein Leben von Grund auf neu aufzubauen. Ich musste lernen, wie man in der Schweiz Zugtickets richtig löst, Steuererklärungen ausfüllt, Stipendien beantragt und sogar an landesweiten Wahlen teilnimmt.

Doch ich hatte Glück: Während meiner Lehrzeit durfte ich bei einer herzlichen Gastfamilie wohnen. Sie standen mir mit Rat und Tat zur Seite und gaben mir die Sicherheit, die ich brauchte, um meine Wurzeln in der neuen Heimat zu festigen. Zudem unterstützte mich educationsuisse bei meinem Antrag auf Stipendien bei meinem Heimatkanton Bern.

Die Lehre erwies sich als goldrichtige Entscheidung. Dank meiner mathematischen Vorkenntnisse hatte ich einen kleinen Vorsprung und konnte gleichzeitig zur Lehre die Berufsmatura absolvieren. Dennoch galt die Devise: «Ohne Fleiss kein Preis.»

Vielseitige und lehrreiche Lehre

Während meiner Ausbildung zur Elektronikerin lernte ich, wie man Schaltpläne und Layouts von Platinen entwirft, Mikrocontroller programmiert und, falls es nicht auf Anhieb funktioniert, Fehler sucht und korrigiert. Die Lehre ermöglichte es mir, eigene Projekte zu entwickeln, was mir sehr gefallen hat.

Zudem hatte ich während meiner Lehrzeit die Gelegenheit, in meinem Betrieb vielfältige Tätigkeiten auszuprobieren. Dazu gehörte das Zeichnen von Konstruktionen, die mittels eines 3D-Druckers ausgedruckt wurden, Schweissarbeiten und die Fertigung mechanischer Bauteile in der Werkstatt.

Insgesamt empfand ich die Lehrzeit als äusserst lehrreich und abwechslungsreich. Schritt für Schritt konnte ich mein Wissen vertiefen, wertvolle berufliche und schulische Kontakte knüpfen und dabei noch eigenes Geld verdienen. Besonders durch die Berufsschule und die Berufsmaturität lernte ich Menschen kennen, mit denen ich bis heute regelmässig in Kontakt stehe.

Reise in die Welt der Hochschulen

Nach der Lehre begann ich als Software-Testerin zu arbeiten. Ein Job, der mir nicht nur wertvolle Berufserfahrung brachte, sondern mir auch die finanzielle Freiheit gab, meine Reiselust auszuleben. Jährlich entdecke ich nun neue Länder, neue Kulturen, neue Geschichten.

Doch meine Reise ist noch lange nicht zu Ende: Bald werde ich in Winterthur an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW ein Studium der Elektrotechnik beginnen, um mein Wissen weiter auszubauen. Das Leben ist eine Reise mit unbekannten Wegen. Doch wer nicht wagt, der nicht gewinnt.»

Teilen

Das Beste aus zwei Welten

Bleiben Sie über Neuigkeiten aus der Welt der Schweizerschulen im Ausland informiert und abonnieren Sie unseren Newsletter!

Weiter

Wirtschaftswoche Schweizerschule in Mailand

Wirtschaftswoche: Schweizerschule in Mailand

Zwei Schülerinnen führten Buch und berichten über die wertvolle und lehrreiche Erfahrung ihrer Wirtschaftswoche....
Mimi Ambiel Auslandschweizerin aus Brasilien

Junge Musikerin aus Brasilien stellt sich Herausforderungen in der Schweiz

Erfahren Sie hier, wie die junge Auslandschweizerin Mimi Ambiel ihre Kunst in der Schweiz weiterentwickelte....

Das Beste aus zwei Welten

Bleiben Sie über Neuigkeiten aus der Welt der Schweizerschulen im Ausland informiert und abonnieren Sie unseren Newsletter!