Der Auslandschweizer Wêndabo André Kientega kam von Afrika zurück in die Schweiz, um das Gymnasium zu absolvieren. Wie es ihm dabei und später im Militärdienst und an der Fachhochschule ergangen ist, erzählt er hier.
«Ich bin 1998 im Kanton Zug geboren, habe aber nur einige Jahre dort gelebt, bevor meine Familie nach Neuenburg gezogen ist, wo ich Französisch gelernt und den Kindergarten und die Grundschule besucht habe.
Da meine Eltern die NGO Wêndbenedo FEED gegründet haben, um Frauen und Kinder in Not zu helfen, zogen wir 2009 nach Burkina Faso. Wir wohnten am Stadtrand der Stadt Bobo Dioulasso. Wasser- und Stromausfälle waren an der Tagesordnung. Es war ein echter Kulturschock, aber auch eine bereichernde Erfahrung.
Ich besuchte eine französische Schule, in der die Mehrheit der Schüler:innen Burkiner:innen waren, aber es gab auch Jugendliche vieler anderer Nationalitäten. Da die Schule kein Gymnasium anbot, entschied ich mich, aufgrund der Unterrichtsqualität, in die Schweiz zurückzukehren, um meine Ausbildung fortzusetzen und meine Freunde aus der Kindheit zu treffen.
Mit 15 allein in die Schweiz
So kehrte ich mit 15 Jahren allein in den Kanton Neuenburg zurück, wo ich das Gymnasium absolvierte. Während diesen drei Jahren wohnte ich bei Familienfreunden. Da ich während meiner Zeit in Burkina Faso immer einmal pro Jahr in der Schweiz weilte, lebte ich mich schnell wieder ein. Trotzdem war es am Anfang schwierig, von meiner Familie getrennt zu sein.
Nach dem Abschluss des Gymnasiums wusste ich nicht genau wie weiter. Also entschloss ich mich für ein Zwischenjahr, während dem ich die Rekrutenschule im Tessin absolvierte und verschiedene Praktika machte, um meinen Weg zu finden. Schliesslich fand ich, was mich wirklich interessierte: die Ausbildung an einer Fachhochschule zum Agronomen.
Dazu musste ich während zehn Monaten Praktika bei Landwirten in den Kantonen Freiburg, Waadt und Genf absolvieren, bevor ich an der Haute école du paysage, d’ingénierie et d’architecture (HEPIA) in Genf aufgenommen wurde. Das Studium gefällt mir sehr gut mit seinen vielfältigen und aktuellen Themen wie Ernährungsmittelsouveränität der Schweiz, Einsatz von Pestiziden, biologische Landwirtschaft.
Leider musste ich mein Studium um ein Jahr verlängern, da ich während der Coronavirus-Pandemie als Sanitätssoldat von der Armee aufgeboten wurde. Ich wurde in einem Alters- und Pflegeheim in Lausanne eingesetzt, um mich um ältere Patienten in der Quarantänezone zu kümmern.
Ich bin froh, dass ich mich nützlich machen konnte, aber es war schmerzhaft, diese Menschen von ihren Familien und Freunden isoliert zu sehen. Es war eine Zeit mit vielen Ungewissheiten. Trotzdem versuchte ich, an meinen freien Tagen einigen Online-Vorlesungen zu folgen. Es war eine schwierige Zeit, wie für viele andere Menschen auch.
Mit Stipendien zum Masterabschluss
Nun bin ich dabei mein Bachelorstudium abzuschliessen. Meine Bachelorarbeit befasst sich mit dem Einsatz von ultravioletter Strahlung zur Bekämpfung von Krankheitserregern auf Kulturen, um auf Fungizide verzichten zu können.
Ich war unentschieden, ob ich das Masterstudium gleich anschliessen sollte oder zuerst etwas arbeiten. Nun beginne ich mit dem Master in Agrarwissenschaften mit Vertiefung in nachhaltige Produktionssysteme.
Vor allem dank der Stipendien aus meinem Heimatkanton Appenzell Ausserrhoden konnte ich meine Ausbildung absolvieren. Ich bin sehr dankbar für all die Hilfe, die ich auf meinem Weg erhalten habe, der nicht einfach war, aber ich befinde mich nun auf der Zielgeraden.
Wenn ich jungen Auslandschweizer:innen, die für eine Ausbildung in die Schweiz kommen, einen Rat geben darf, dann denjenigen, dass sie vor Ort Personen finden sollten, auf die sie sich verlassen können. Vor allem als junger Mensch ist es nicht einfach, ohne die eigene Familie zu leben. Es ist gut zu wissen, wen man um Hilfe oder Informationen bitten kann.»